Vorgelegt von:
Thomas Schmitt
4. Probleme bei Klienten,die über Victimisierungserfahrungen berichten
5. Bewertung undAnmerkungen zur Literatur
Vom kognitiv behavioralen Standpunkt aus kann man keine klare Trennlinie zwischen Diagnostik und Behandlung ziehen.Von daher ist das klinische Interview und die Art wie es geführt wird von entscheidender Bedeutung,was nicht bedeuten soll,daß standardisierte Instrumente nicht ergänzend eingesetzt werden sollten.
Bei diesen Tests gibt es jedoch einige Punkte,die kritisch zu betrachten sind:
· Man muss darauf achten,daß das Instrument in einer Population entwickelt worden ist,deren PTSD Prävalenzrate mit der derjenigen klinischen Gruppe vergleichbar ist,in der man den Test anwenden will.
· Den Instrumenten fehlen oft altersangepasste Normen.
· Die Messwerte aus nur einem Test alleine reichen nicht aus,PTSD zu diagnostizieren
· Man sollte auf jeden Fall mehrere verschiedene Bewertungen aus mehreren verschiedenen Quellen die man mittels mehrerer verschiedener Methoden über mehrere Kontakte erhalten hat zur Stellung der Diagnose heranziehen.
Bewertungsstrategien bei PTSD-Patienten
Die Bewertung von PTSD erfordert sowohl die Erfassung und Berwertung von Symptomen und Erfahrungen,die mit PTSD zusammenhängen als auch die Berücksichtigung möglicher nebenher bestehender psychischer Störungen.
Es sollten auf jeden Fall mehrere Arten der Annäherung in die Beurteilung einbezogen werden. Die am häufigsten verwendeten Methoden sind:
· Offenes Interview zur Krankheitsgeschichte,der Traumaentwicklung und zu früheren traumatischen Erfahrungen des Klienten
· Strukturiertes klinisches Interview Es können dabei auch Ratingskalen,Berichte von Bezugspersonen sowie zugängliche Akten (z.B.Personalakten von Militärangehörigen)einbezogen werden.
· Standardisierte PTSD-Fragebögen
· Traumaspezifische PTSD-Messinstrumente,z.B. für Kriegserfahrungen,Vergewaltigung,etc.
· Standardisierte Erfassung von Komorbidität,z.B. Depression,Ängstlichkeit,Suchtverhalten
· Bewertung der Lebensumwelt des Patienten (des sogenannten ,,premorbid and recovery environment")
· Bewertung der psychophysiologischen Reaktivität auf traumaspezifische Stimuli soweit dies möglich ist
· Bewertung positiver Erfahrungen,die möglicherweise das Ergebnis der Aussetzung traumatischer Erlebnisse sind.
Die Bewertung sollte in einer langen Sitzung von ca zwei Stunden mit Pausen oder in zwei kürzeren Sitzungen erfolgen.Verschiedene Forscher berichten Vorteile,wenn die Bewertung über die Zeit wiederholt wird und die Ergebnisse mit dem Klienten besprochen werden.
Die Strategie der Bewertung ist abhängig
von:
· Den Bedingungen auf die sich die Bewertung bezieht,z.B. ob der Klient aufgrund konkreter traumatischer Erfahrungen in die Therapie eintritt oder ob er erst im Verlauf der Behandlung darüber berichtet.
· Dem Anlass der Bewertung und die dafür vorhandene Zeit
· Möglichen prämorbiden und/oder komorbiden Faktoren
Es ist auf jeden Fall wichtig,die Ergebnisse der Bewertung mit dem Klienten sowie wichtigen Bezugspersonen zu besprechen,vor allem um den weiteren Verlauf der Therapie zu klären und den Klienten in die Planung der Therapie vor allem in Bezug auf die Ziele,die erreicht werden sollen mit einzubeziehen.
Fragen im klinischen Interview,vorrausgestetzt,der Klient berichtet über traumatische Erfahrungen
Alle nötigen Fragen werden von Stuart und Liebermann (1986) in ihrem Buch ,,Fifteen Minute Hour" in fünf Bereiche gegliedert,die sie BATHE nennen:
Background: Was geht in Ihrem Leben vor?
Affect :Wie fühlen Sie sich dabei? Wie ist Ihre Stimmung?
Trouble :Was macht Ihnen in Ihrer Situation die meisten Schwierigkeiten?
Handling :Wie gehen Sie damit um?
Empathy :Das muss ziemlich schwer für Sie sein,oder?
Generelle Fragestrategie
1. Fast alle Fragen beginnen mit ,,was", ,,welche",und ,,wie".Fragen nach dem ,,warum" sollten vermieden werden da sie oft nichtzu beantworten sind und zu Selbstzweifeln führen. ,,Warum Fragen" können natürlich erörtert werden wenn der Klient diese selbst aufbringt da man dadurch einiges über die Hypothesen und Theorien erfahren kann die der Klient hat.
2. Um das Interview auf Stärken des Klienten zu richten,sollten die Fragen daruf zielen,zu erfahren,wann und wie der Klient schon mit anderen Belastungssituationen fertiggeworden ist.
3. Es ist wichtig,dem Klienten zu helfen,sein Erlebnis als Opfer in Bezug zu seinem Leben zu sehen und Perspektive hineinzubringen.Zu diesem Zweck ist es nach Dolan (1991) hilfreich,den Klienten aufzufordern,seine traumatischen Erfahrungen aber auch alle anderen positiven und negativen Lebensereignisse (Anfänge,Wendepunkte,Höhepunkte,Verluste etc.) auf einem Zeitstrahl einzuzeichnen welcher auch noch in die Zukunft reichen kann und damit Lebensziele beinhaltet.Dies ist ein guter Weg für den Klienten sich selbst,dem Therapeuten und anderen etwas über seinen Sicht seines Lebensweges klarzumachen und aufzuzeigen,daß die traumatischen Elebnisse nur ein kleines Kapitel in der Lebensgeschichte sind.
4. Das Ziel des Interviews sollte sein,den Klienten auf Ideen zu bringen,was als nächstes zu tun ist.Der Therapeut ist am Besten,wenn ihm sein Klient immer einen Schritt voraus ist und selbst Vorschläge macht,was als nächstes besprochen werden sollte und was er selbst tun könnte um mit seinen Problemen besser fertig zu werden.Damit soll erreicht werden,daß der Klient die Verantwortung für seine Verhaltensänderung übertragen bekommt und dadurch das Gefühl,selbst etwas erreichen zu können. Es ist bekannt,daß jemehr Verantwortung der Klient in Bezug auf die Erkennung des Problems sowie dessen Bewältigung hat,desto größer und anhaltender die Verhaltensänderungen sein werden.Methoden um die Übernahme von Verantwortung zu fördern ist das mirroring,bei dem dem Patienten Stichworte aus dem was er sagt zurückgegeben werden,wenn er an diesem Punkt mehr erzählen sollte sowie die Verwendung von unvollständigen Sätzen,die der Klient dann vervollständigen kann.
Fragen an Klienten,denen ihre traumatische Erfahrung bewusst ist.
Wenn das Trauma bewusst ist sollte ein Therapeut seine Fragen auf das Trauma selbst,momentane Aktivitäten und mit den Folgen des Traumas vebundene Themen lenken. (Was passierte vor,während und nach de Traumatisierung,was hat den Klienten berührt und was hat sich seitdem in seinem Leben verändert?)
Die Fragen sollen es dem Klienten ermöglichen,die ganze Geschichte zu erzählen und ihm außerdem klarmachen,daß es normal und in Ordnung ist,über seine Erfahrungen zu berichten da der Therapeut daran interessiert ist,zu verstehen warum der Klient gekommen ist.
Zusätzlich zu den allgemeinen Fragen gibt es ja nach Art der Opferefahrung des Klienten eine Reihe spezifischer Fragen und Bereiche die das klinische Interview abdecken muss.Diese Fragen müssen jeweils auf die individuelle traumatische Erfahrung des Klienten zugeschnitten werden.Es ist besonders wichtig diese Bereiche sehr sensibel,urteilsfrei und vorsichtig auszuloten.
Vergewaltigung
Die Fragen zu diesem Bereich sollen den Therapeuten über drei wichtige Punkte aufklären:
· Warum ist die Klientin jetzt in die Therapie gekommen?
· Was sind die gemeinsam zu erarbeitenden Ziele der Behandlung?
· Welche Fähigkeiten und Ressourcen hat die Klientin,die man im therapeutischen Prozeß einsetzen kann?
Dazu ist im einzelnen zu klären:
· Die Täter/Opfer Beziehung
· Der Vorfall (Was,Wann,Wo,Wie,Gedanken und Gefühle währenddessen)
· Ob die Klientin sich jemandem anvertraut hat,wenn ja wem,die Beziehung zu dieser Person und deren Reaktion
· Was die Klientin glaubt,inwieweit sie der Vorfall beeinflusst einschliesslich der Veränderung in engen persönlichen Beziehungen
· Wie sich die Klientin angesichts des Vorfalls fühlt
· Alle Kommentare,die sie sonst noch loswerden möchte.
Überlebende von Kindesmißbrauch
Die Klientin /der Klient soll ihre/seine Geschichte erzählen.Die Fragen sind als Schlüsselfragen zu verstehen,um den Vorgang zu erleichtern und vollständige Information zu erhalten.Auch in diesem Bereich gibt es drei wichtige Bereiche,die abgeklärt werden müssen:
· Die Bestandteile des Missbrauchs (Alter bei Beginn und Ende des Mißbrauchs? Art der Bedrohung und der angewandten Gewalt? Hat das Opfer mit Erwachsenen darüber gesprochen und wie waren die Reaktionen?,Wie wurde das Mißbrauchsverhältnis beendet? etc.)
· Verbundene Themen (Sind andere in der Familie ebenfalls mißbraucht worden? Inwieweit funktionierte die Familie nicht? Was waren die Folgen des Mißbrauchs z.B. Scheidung der Eltern?)
· Langzeitfolgen (Angst vor dem Mißbrauch eigener Kinder? Welche Bedeutung misst der Klient den Vorfällen/sich/anderen zu? Was wurde unternommen um damit umzugehen?Was davon war erfolgreich? Etc.
Opfer häuslicher Gewalt
Besteht der Verdacht,daß in der Ehe bzw. Partnerschaft der Klientin etwas nicht stimmt oder eine Opfergeschichte vorliegt wie z.B. bei zurückliegendem kindlichen Mißbrauch so sollte systematisch nachgefragt werden,ob im häuslichen Umfeld gewalttätige Auseinandersetzungen stattfinden
Die Partner sollten hierzu immer getrennt befragt werden (Druck durch Anwesenheit des Partners,Gefahr der Vergeltung zuhause) Die Fragen sollten den üblichen Verlauf von häuslichen Auseinandersetzungen erfassen (z.B. Wie reagiert Ihr Mann wenn er ärgerlich wird?,Beschimpfungen?,Tätlichkeiten?)
Beim männlichen Täter sind direkte Fragen angebracht,da man ihnen nicht so leicht ausweichen kann. (z.B. ,,Haben Sie ihre Frau schon einmal geschlagen" statt ,,Waren Sie schon einmal gewalttätig")
Persönliche Geschichte des sexuellen Mißbrauchs
War jemand früherschon einmal Opfer eines traumatischen Ereignisses,speziell Mißbrauchs,so erhöht dies das Risiko,wiederholt Opfer von Mißbrauch zu werden.Daher ist es wichtig,herauszubekommen,ob die Klientin/der Klient solch eine persönliche ,,Opfergeschichte" hat.Die Belastung für den Klienten die daraus entsteht kann angesichts der Folgen unter denen er/sie eventuell leidet vernachlässigt werden.Es kann sogar sein,daß die Vermeidung solcher Informationen durch den Therapeuten indirekt eine negative Botschaft für den Klienten darstellt. (Zur speziellen Problematik induzierter Erinnerungen siehe Abschnitt 4)
Weitere zu klärende Punkte
Je nach Art des Traumas gibt es noch verschiedene weitere Punkte,die von Bedeutung sein können:
· Nachwirkungen: ,,In welcher Art und Weise hält sie Ihre Traumatisierung davon ab,das Leben zu führen,das Sie heute und in Zukunft gerne führen würden?"
· Grübelei: ,,Sind Ihnen in der vergangenen Woche Erinnerungen Bilder oder Gedanken in den Sinn gekommen,die mit dem Tauma zu tun haben? Können Sie mir darüber mehr erzählen?"
· Störungen: ,,Haben Sie immer wiederkehrende Erinnerungen oder Träume,die mit dem Trauma zusammenhängen? Beeinträchtigt das Ihren Spass am Leben?"
· Vermeidungsverhalten: ,,Gibt es Situationen,die Sie aufgrund Ihrer Traumaerfahrung jetzt vermeiden? Haben Sie versucht Plätze oder Situationen zu vermeiden,die Sie an das Trauma erinnern?"
· Physische Symptome: ,,Wenn Sie sich anspannen,wo fühlen Sie das in Ihrem Körper? In welcher Weise hat sich Ihr Gesundheitszustand seit der Traumatisierung verändert?"
· Schlafstörungen: ,,Darf ich fragen wie Sie geschlafen haben seit es passiert ist? Haben sich Ihre Schlafgewohnheiten verändert? Was macht es schwierig zu schlafen?"
· Veränderungen der Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses: ,,Haben Sie Veränderungen in Ihrer Konzentrationsfähigkeit bemerkt? Werden Ihre Gedankengänge öfter unterbrochen?"
· Level des Funktionierens: ,,Wie kommen Sie im Leben klar? Sind Sie öfter so ärgerlich,daß Sie die Kontrolle verlieren? In welcher Weise waren Sie vor dem Tauma anders?"
· Früheres Level des Funktionierens: ,,Hatten Sie in Ihrem Leben vor den aktuellen Ereignissen schon einmal eine ernste Krise? Hat das Trauma irgendwelche Probleme verschlimmert,die Sie vorher schon hatten?,
· Bezugsrahmen für das traumatische Ereignis: ,,Obwohl das Trauma eine schlimme Sache ist,können Sie sich vielleicht etwas Positives vorstellen,was für Sie dabei herausgekommen ist,auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist?
Coping:Die Fähigkeit,Probleme zu meistern
Die Fragen sollen dazu dienen,dem Klienten seine Stärken im Umgang mit Problemen aufzuzeigen und ihn darin bestärken,sie zu nutzen.Diese Fragen dürfen jedoch nicht zu früh gestellt werden,da die Gefahr besteht,daß der Klient sich unverstanden fühlt.
· Wie kommen Sie klar seit.....?
· Wie gehen Sie mit Erinnerungen um?
· Was würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus jemandem raten,der in einer Situation wie Ihrer steckt?
Fragen an wichtige Bezugspersonen,wenn sie gemeinsam mit dem Klienten befragt werden
Es ist wichtig,Verwandte,Partner und Kinder des Klienten zu befragen,da sie,besonders wenn der Klient männlich ist,sehr viel und oft mehr als er selbst über den nervösen Zustand des Klienten berichten können.Drei wichtige Punkte sind zu besprechen,speziell wenn es sich um den Partner des Klienten handelt:
· Der Hintergrund der Beziehung: ,,Wie haben Sie sich kennengelernt? Was hat Sie zueinander hingezogen?"
· Anliegen des Partners: ,,Welche Dinge an Ihrem Partner machen Ihnen die meisten Sorgen? Was macht Ihnen Hoffnung,daß sich daran etwas ändert?"
· Diskussion von Fragen,die sich auf die Victimisierung beziehen: ,,Was hätten Sie anders gemacht,wenn Ihnen bewusst gewesen wäre,was Ihrem Partner passiert ist?"
Fragen an Patienten,die keinerlei Opfererfahrung traumatischer Elebnisse berichten
Beginnt ein Klient eine Therapie,berichtet aber gar nichts oder erst nach und nach etwas über traumatische Erfahrungen,so ist es wichtig,ihn zum Nachdenken anzuregen und ihn dazu zu bringen,die von ihm gewünschten Verhaltensänderungen zu äußern.
Die ersten Schritte dazu sind:
· Die Erkennung und Definition des Problems
· Die Analyse des Problems
· Die Festlegung des Behandlungsziels gemeinsam mit dem Klienten
_ Lösungsorientierter Ansatz: Stärken und Ressourcen des Klienten erfassen
_ Evtl. dabei dem Klienten die Möglichkeit eröffnen,einen neuen Erzählstandpunkt einzunehemen:
,,Wer in Ihrer Familie glaubt daran,daß Sie ihr Problem meistern? Was glauben Sie,sieht er in Ihnen,daß
er dies annimmt?"
· Analyse der Bewältigungsversuche
· Schaffung eines Kontextes/einer Perspektive
_ durch Aufzeichnung eines Zeitstrahls
_ durch Fragen nach Vergangenheit und Zukunft
· Den Klienten zu Aussagen hinführen,die ihm die Verantwortung für Veränderungen übertragen und ihn dadurch motivieren
Zweite Möglichkeit:Der Problemlösungs-Ansatz
Das Ziel dieser Methode ist es in erster Linie,die Einstellung des Klienten zu seinen Problemen zu verändern. Er soll seine Probleme nicht mehr als diffuse Bedrohung wahrnehmen sondern einzelne,lösbare Probleme erkennen.
Schritte im Interview:
1. Definition des Problemverhaltens
· Wie ist die Natur des Problems aus der Sicht des Klienten?
· Wie schwer ist das Problem?
· Generalität des Problems: Wie lange und in wievielen Situationen tritt es auf?
2. Determinanten des Problemverhaltens
· Bedingungen,die das Problemverhalten intensivieren.
· Bedingungen,die das Problemverhalten abschwächen
· Wahrgenommene Herkunft des Problemverhaltens
· Spezifische Auslöser
· Nach Bedarf: Persönliche und soziale Konsequenzen des Problemverhaltens
· Die Frage nach Veränderungsvorschlägen
· Die Frage nach der Führung weiterer Gespräche: ,,Was glauben Sie sollte ich noch herausfinden,um Ihnen mit Ihrem Problem helfen zu können?"
Techniken im Interview
Bildliche Rekonstruktion als Methode des Problemlöse-Ansatzes
Es handelt sich hierbei um eine Technik,dem Klienten klarzumachen,daß sein Verhalten Interaktion beinhaltet,daß z.B. Depression nicht einfach kommt und geht sondern daß sie stark von der Art und Weise abhängig ist,in der der Klient Situationen wahrnimmt und bewertet als auch von seinem Stil mit problematischen Situationen umzugehen.
Der Klient wird dabei aufgefordert,sich eine Situation,in der sein Problemverhalten aufgetreten ist,mit geschlossenen Augen mental zu vergegenwärtigen ( ,,innerer Film") einschließlich allem,was direkt davor,währenddessen und direkt danach abgelaufen ist und dabei zu berichten,was geschah und was er dabei für Gedanken und Gefühle hatte.
In einer anschließenden Analyse der Situation kann herausgefunden werden,welche Reize das Verhalten ausgelöst haben,in welchen verwandten Situationen die gleichen oder ähnliche Reizbedingungen vorlagen und gleich oder ähnlich gewirkt haben. Danach läßt sich herausarbeiten,wie der Klient auf die Situationen reagiert hat,warum er so reagiert hat,was die Folgen waren und warum die Reaktion nicht sinnvoll war.
Das Ziel dabei ist es,den Klienten dazu zu bringen,sich zu überlegen,wie Alternativen aussehen könnten und wie sie umzusetzen sind.
Dem Klienten helfen,Metaphern in konkrete Verhaltenschritte umzusetzen
Klienten beschreiben ihr Problem oft sehr global und in metaphorischen Bildern.Der Therapeut muss in diesem Fall das Gespräch Schritt für Schritt von der abstrakten hypothetischen Ebene auf die Beschreibung konkreter Situationen und deren Zerlegung in einzelne,kleinere Probleme bringen und dann versuchen,Veränderungen möglich erscheinen zu lassen.
Beipiel:
Anfang der Sitzung: ,,Mein Leben ist wie ein grosser See voll Trauer.Mein ganzes Leben ist eine völlige persönliche Tragödie."
Ende der Sitzung: ,,Ich glaube ich kann an jeweils einem meiner Probleme arbeiten,es gibt nichts zu verlieren. Ich glaube ich kann es versuchen."
Um diesen Fortschritt zu erreichen ist viel Zuhören und Empathie sowie behutsames Vorgehen wichtig. Wird zu schnell vorgegangen,so erhöht sich nach Meichenbaum die Gefahr,die berühmte ,,ja,aber" Antwort oder eine ,,Sie verstehen mich nicht" Reaktion zu bekommen,die in zehn Sekunden die Arbeit einer halben Stunde zerstören kann.
PTSD kann bei grundsätzlich jedem Menschen
auch ohne jegliche Prädisposition ausbrechen,besonders dann,wenn das traumatische
Erlebnis besonders schlimm war.Allgemein lässt sich sagen,daß je
extremer die traumatische Erfahrung ist desto unbedeutender Prädispositionen
sind.Trotzdem gibt es Risikofaktoren,die die Wahrscheinlichkeit erhöhen,nach
einer traumatischen Erfahrung PTSD zu entwickeln. Dazu gehören:
· Erfahrungen,die vor dem Trauma liegen (ernste
aversive Lebenserfahrungen wie z.B. Kriegserfahrung)
Frühere Victimisierung wie z.B. durch sexuellen
Mißbrauch in der Kindheit (nachgewiesen an israelischen Soldaten)
· Depression und hohe Ängstlichkeit
· Familiäre Instabilität und Instabilität
in der Entwicklung (ökon.Probleme der Familie,Trennung der Eltern etc.)
· Durch antisoziales Verhalten und Angst geprägtes
Familienumfeld
· Drogenmißbrauch
· Delinquenz
· zurückliegende psychische Störungen,ins
besondere Depressionen und Angststörungen
· Fehlende soziale Unterstützung
· Lebensalter:
--Risiko ist in den ersten 10 Lebensjahren höher
--Das Entwicklungsstadium
kann bedeutsam sein (Untersuchung an Vietnamveteranen ergab
sign.Unterschiede zwischen unter 20-jährigen
und älteren Soldaten.Nach der Theorie Eriksons waren sie gerade in der
Phase der Indentitätsfindung.Es gibt jedoch gegensätzliche Befunde
mit Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg und die Klärung der Zusammenhänge
ist noch nicht abgeschlossen.)
-- Die größten Schwierigkeiten bei der
Bewältigung von Naturkatastrophen haben Menschen im mittleren Alter.
· Geschlechtsunterschiede:
Männer haben eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit,traumatische Erfahrungen
zu machen ,Frauen entwickeln nach einem Trauma jedoch viermal so oft PTSD wie
Männer.Auch bei Kindern sind Jungen weniger gefährdet wie Mädchen.
· Genetische
Veranlagung (Zwillingsuntersuchungen zur Widerstandsfähigkeit)
· Gruppenfaktoren
(Untersuchung an terrorisierten Gemeinden In Israel ergab einige wichtige Faktoren:
Gruppenidentität,Zusammenhalt,Grad des Vorbereitetseins,Rollen,gegenseitige
Unterstützung während der traumatischen Episode und Kommunikation
waren Prädiktoren für Erholung und Vermeidung von Sekundärvictimisierung.)
Die Notwendigkeit,positive Anpassung nach der
Traumatisierung zu erfassen
Es gibt nach traumatischen Erfahrungen nicht nur
negative Konsequenzen sondern auch einige positive Effekte,deren Aufdeckung
dem Patienten den Umgang mit seiner Störung und auch den Zugang zu möglichen
Ressourcen erleichtert. Positive Folgen sind z.B. bei Kriegsveteranen,die Fähigkeit
durch positive Neubewertung,Reanalyse und aktiven Umgang mit der Traumatisierung
umzugehen,größere Selbstdisziplin und eine höhere Wertschätzung
des Lebens.Auf der anderen Seite,jedoch völlig unabhängig von den
positiven Anpassungsmustern stehen quälende Erinnerungen an persönlich
Verluste,lähmende Angst und anhaltende Alpträume.
Die genannten Methoden des Umgangs mit einem Trauma
helfen dem Patienten,sich gut zu fühlenund sollten gefördert werden.Andere,wie
Externalisierung,Selbstmitleid oder Passivität erzeugen symptomatisches
Funktionieren.
Die Reanalyse und die positive Neubewertung sind
deshalb so wichtig,weil die Patienten am Besten mit ihrer Störung zurechtkommen,die
dem erfahrenen Leid einen Sinn und Zweck abgewinnen können (z.B.wenn sie
von sich sagen können,daß sie die Prioritäten in ihrem Leben
seitdem neu geordnet haben oder sich selbst besser kennen) Daraus ensteht eine
neue Perspektive und eine andere Sicht der Dinge wird möglich gemacht.
Die besten Aussichten auf eine positive Anpassung
haben Patienten,die bereit und in der Lage sind,ihr Trauma durch wiederholte
Erinnerung immer wieder neu zu erfahren und dabei einen hohen Grad an eigener
Kontrolle zu behalten,egal ob dies alleine oder im Rahmen einer Therapie geschieht.Dazu
muss der Patient bereit sein,die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu ertragen.
Es besteht die große Gefahr,daß ein
Therapeut unabsichtlich und unwissentlich (z.B. durch Suggestion, Hypnose,seinen
Glauben daran,daß sich Symptome auf ein zurückliegendes Trauma zurückführen
lassen oder einfach durch den langen Zeitraum) dazu beiträgt,daß
ein Klient sogenannte ,,falsche Erinnerungen" entwickelt. Damit sind Erinnerungen
an lang zurückliegende traumatische Ereignisse wie Mißbrauch in der
Kindheit gemeint,die der Klient erst im Rahmen der Therapie wieder erinnert.
Das Problem besteht darin,daß es sich dabei um tatsächliche Erinnerungen
aber auch um unter dem Einfluß der Therapie uminterpretierte,sozusagen
neu konstruierte Erinnerungen handeln kann.Es gibt für beide Arten wissenschaftliche
Belege und es ist leider fast unmöglich,zu erkennen.ob eine Erinnerung,die
so lang verdrängt war nun echt ist oder nicht.Dazu ist zweierlei anzumerken:
Erstens ist es zwar möglich,eine sexuelle Mißbrauchserfahrung völlig
zu verdrängen,es ist aber nicht der Normalfall. Zweitens gibt es ein großes
methodisches Problem bei allen Untersuchungen zu diesem Thema,naemlich,daß
Klienten über die Erinnerung daran,daß sie eine Erinnerung vergessen
haben befragt werden.Daraus resultieren auch die stark unterschiedlichen bis
widersprüchlichen wissenschaftlichen Befunde. (zwischen 19 und 59% der
befragten Personen gaben an,für einen gewissen Zeitraum das Erlebnis vollständig
vergessen zu haben)
Verschärft wird das Problem zusätzlich
durch die Tatsache,daß der größte Teil sexuell mißbrauchter
Klienten sich nur langsam und unvollständig anvertraut..
Die Unterscheidung in echte und falsche Erinnerungen
ist so wichtig,weil z.B. auch die stabilste Familie es nicht verkraftet,wenn
ein Kind seine Eltern oder ein Elternteil ungerechtfertigt des sexuellen Mißbrauchs
bezichtigt.Da die Folgen auf jeden Fall schwerwiegend sind,ist ein Therapeut
gezwungen,sehr vorsichtig und verantwotungsbewußt mit solchen Erinnerungen
umzugehen. Abgesehen von den persönlichen Folgen für den Klienten
ist ein Therapeut nicht zuletzt auch rechtlich für die Folgen seiner Therapie
haftbar zu machen,wenn er grobe Fehler macht.
Wie kommt man zu einer Bewertung der Authentizität von Erinnerungen?
· Nennt der Klient irgendwelche seine Behauptungen stützende Beweise wie Anzeigen bei der Polizei,Krankenhausakten? Hat er glaubhafte Zeugen?
· Unter welchen Umständen trat die Erinnerung zutage?
_ Kamen sie zum ersten Mal in der Therapie heraus?
_ Wurden wiederholt Interviews oder Tests durchgeführt,die darauf hindeuten?
_ Wurde dem Klienten unter Umständen etwas suggeriert? (Fernsehen,Bücher Familie?)
_ Wurden in der Therapie kritische Methoden angewandt? (Hypnose Traumarbeit,Visualisierung,Meditation)
_ Hatte der Klient mit anderen Opfern Kontakt,z.B. in einer Gruppentherapiesitzung?
· Wie sieht der Grad der Anpassung aus und wie hat er sich über die Zeit entwickelt? (Viele Therapeuten neigen dazu,das Anpassungsmuster als Hinweis auf die Wahrheit des Berichts zu verwenden)
· Wie war die familiäre Situation und die Reaktion auf den Mißbrauch?
· Wie ist der Präsentationsstil des Klienten,wenn er sich auf den Mißbrauch bezieht?
_ Anwesenheit und Abwesenheit verbaler und nonverbaler Elemente
_ Affekt des Klienten beim Berichten?(Emotionalität,Körpersprache)
_ Sprache (psychologischer Fachjargon deutet auf Suggestion hin)
_ Ist die Geschichte plausibel,konsistent,logisch aufgebaut und überzeugend?
_ Wie suggestibel ist der Klient insgesamt?
· Wie sehen die Charakteristika der Erinnerungen aus?
_ Wie spezifisch,selektiv und lebendig sind die Erinnerungen?
_ Wird ein einzelnes oder eine Serie von Erlebnissen berichtet?
_ Wie sehen die emotionalen und behavioralen Reaktionen des Klienten auf die Einnerungen aus?
_ Hat der Klient eine Theorie darüber,warum er etwas vergessen hat?
· Gibt es sekundäre Ziele,die durch die Erinnerung erreicht werden können?
_ legale,finanzielle oder soziale Vorteile
_ Erklärung oder Entschuldigung von Verhalten
_ soziale Beziehungen
ACHTUNG: Alle diese Punkte stammen aus der therapeutischen Praxis,sind aber keinesfalls wissenschaftlich belegt!!
Richtlinien für den Therapeuten
Die Frage,was jeweils zu tun ist,wenn solche Erinnerungen in einer Therapie auftreten,vor allem was zu tun ist,ohne daß der Klient revictimisiert wird wenn seine Erinnerungen bezweifelt werden,kann abschliessend nicht beantwortet werden.Meichenbaum berichtet aus seiner eigenen Praxis einige nützliche Richtlinien:
· Sein Job ist der eines Therapeuten,nicht der eines Richters.Er kann einem Klienten auch helfen ohne die volle Wahrheit zu kennen.Für ihn ist wichtig,was dargestellt wird um anzusetzen,ob das nun die objektive Wahrheit ist oder nicht.Die Vergangenheit des Klienten ist ohnehin nur bedingt wichtig,es ist von größerer Bedeutung,ihn auf Gegenwart und Zukunft einzustellen.
· Er respektiert die Geschichte und kümmert sich zunächst nicht um den Wahrheitsgehalt. ( Empathie >Zuhören ohne Urteil>Vorsichtig vermitteln,daß ohne weitere Hinweise niemand annehmen kann,daß alle Details so richtig sind.)
· Er dikutiert mit dem Klienten in einer nicht didaktischen Form über die Natur autobiographischer Erinnerungen und ihre Beeinflussbarkeit.Er macht dabei klar,daß da wohl ein ernstes Erlebnis gewesen sein muß,dies aber nicht unbedingt der erinnerten Form entspricht.
· Er weist auf die suggestive Wirkung angewandter Methoden hin.
· Er richtet das Gespräch an Gegenwart und Zukunft aus (Wie verhindert Vergangenens zukünftige Ziele?)
· Er verlagert die Verantwortung für das Geschehene vom Klienten auf den Täter (Der Klient ist nicht verantwortlich,für etwas,was ihm in der Vergangenheit widerfahren ist,wohl aber für sein heutiges Leben)
· ,,Das Gefühl,eine persönliche Geschichte zu haben,zu verstehen,was sie erfahren haben und wie sie reagiert haben" wird durch das Verständnis eines zurückliegenden Traumas,ob wahr oder nicht,erleichtert. Auch das Identitätsgefühl und der Selbstwert werden gesteigert.
Meichenbaums ,,clinical handbook" ist sehr
praxisorientiert.Dies hat den Vorteil,daß man sehr gezielt einzelne konkrete
Aspekte der Krankheit PTSD nachlesen kann,andererseits ist das Buch in einem
manchmal etwas schwer verständlichen Fachenglisch geschrieben,vor allem
einzelne Fachbegriffe führten bei mir zu Verständnisproblemen.Diese
zu überwinden kostete einiges an Zeit.Im Großen und Ganzen war es
aber kein Problem,mir einen umfassenden Überblick über das Thema dieses
Referats zu verschaffen.
Das Einzige was mir sonst noch auffiel war,daß
Meichenbaum rein vom Standpunkt der kognitiven Verhaltenstherapie ausgeht und
keinerlei Verweise auf andere Arten der Annäherung macht.
Meichenbaum,D. (1994).A clinical handbook/practical therapist manual for assessing and treating adults with Post-Traumatic-Stress-Disorder (PTSD).Waterloo,ON: Institute Press
(Seiten 118-170,240-245,258-277)